Zum Inhalt springen

Auswahl der Sprachversion
Bildleiste Adherence-Therapie

Elemente des Therapie-Programms

Indikation

Eine wesentliche Indikation für die Intervention ist ein bestehendes oder zu erwartendes langfristiges Krankheitsmanagement bei Patienten. Ebenso geeignet ist die Intervention im Rahmen einer stationären Wideraufnahme aufgrund einer akuten Krankheitskrise in der Klinik. Der Adherence-Therapie liegt die Annahme zugrunde, dass „... Ambivalenz kein alleiniges Problem von kranken Menschen, sondern fester Bestandteil menschlichen Lebens ist.“ (ebd.) Die Einnahme von Medikamenten kann jederzeit ambivalent erlebt werden, ebenso die Reduktion von Symptomen oder das Auftreten von Nebenwirkungen. (vgl. ebd.)

Patienten, die bei der Medikamentenverabreichung in der Klinik Unverständnis oder Unzufriedenheit mit den Medikamenten zum Ausdruck bringen, kann man mit der Adherence-Therapie ein Angebot machen, gemeinsam strukturiert über ihre Medikamente zu sprechen.

Nach oben

Zielsetzung

Zielsetzungen, die mit der Intervention verfolgt werden sind:

  • Patienten zu befähigen, aus eigener Kraft heraus, auf der Grundlage eigener Entscheidung, therapeutische Vereinbarungen langfristig umzusetzen (Verhaltensänderung).
  • Patienten darin zu unterstützen, eine fundierte und zur eigenen Lebenssituation passende Entscheidung für oder gegen die Einnahme von Medikamente zu treffen (informierte Entscheidungsfindung).
  • Stärkung der Eigenverantwortung im pflegerisch/therapeutischen Prozess.
  • Berücksichtigung der persönlichen Wünsche des Patienten im Rahmen der Behandlung.
  • Gestaltung von kooperativer Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Patienten mit dem Ziel, dass die Patienten Sorgen und Ängste offen ansprechen können.
  • Gemeinsames Bemühen, die medikamentösen Pläne möglichst einfach zu gestalten und in den Tagesablauf des Patienten zu integrieren. (vgl. Schulz, Stickling-Borgmann, Spiekermann 2009, 228)

Nach oben

Rahmenbedingungen

Ein multiprofessionelles Team benötigt Absprachen:

  • darüber, ob grundsätzlich mit dieser Intervention gearbeitet wird;
  • darüber, mit welcher Zielsetzung die Intervention bei den
  • einzelnen Patientinnen und Patienten durchgeführt wird;
  • über die Notwendigkeit von interdisziplinären Teamgesprächen, falls die Interventionen der Adherence-Therapie durchgeführt

Es ist zu empfehlen, die Intervention im Rahmen eines Bezugspersonensystems durchzuführen, aufgrund der oben beschriebenen Ursachen nonadherenten Verhaltens und der dazugehörigen Dynamik.

Das konsequente Ernstnehmen einer offenen Entscheidungsfindung impliziert ein Behandlungskonzept oder Behandlungsbausteine, welche auch eine Behandlung ohne Medikamente ermöglichen. Eine Entscheidung der Patientin oder des Patienten gegen die Ein-nahme oder für ein Absetzen der Medikamente darf nicht zum Behandlungsabbruch führen. Auch für diese Behandlungssituation benötigen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Station ein Konzept, welches eine Nachsorge nach der stationären Behandlung sicher stellt.

Grundsätzlich sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Interventionen mit Patientinnen und Patienten durchführen, über therapeutische Kompetenz und psychotherapeutische Basisfertigkeiten verfügen. Das bedeutet, sie sollten in der Lage sein:

  • ihre Persönlichkeit zur Gestaltung des therapeutischen Prozesses zu nutzen,
  • emotional bedeutungsvolle und vertrauensvolle Beziehungen mit Patientinnen und Patienten aufzubauen und aufrechtzuhalten,
  • das Bemühen um bedingungslose Annahme der Patientin und des Patienten und einfühlsame Empathie lang anhaltend zu praktizieren und
  • Störungen in der therapeutischen Beziehung zu thematisieren und aufzulösen. (vgl. Wambold 2001)

Außerdem ist es bedeutsam, dass Adherence-Therapeutinnen und –Therapeuten Patientinnen und Patienten aktiv am therapeutischen Prozess beteiligen und die Selbstwirksamkeit der Patientin und des Patienten stärken sowie die Pflege und Behandlung ressourcenorientiert planen. Auch müssen sie um die Funktion von Ambivalenz im therapeutischen Prozess wissen und diese gemeinsam mit der Patientin und dem Patienten bearbeiten können. Wichtig ist auch, dass sie die Fähigkeit besitzen, Anzeichen von Widerstand im therapeutischen Prozess zu diagnostizieren und angemessen darauf zu reagieren.

Nach oben

Durchführung

Für alle Sitzungen kann es hilfreich sein die folgende „Struktur für die Sitzungen“ einzuhalten. Sie kann helfen, die Zeit möglichst gut zu nutzen und den Patienten einzubeziehen, indem er mit kontrolliert und gestaltet.

Gefühlscheck - “wie geht es heute?” Jede Besorgnis sofort ansprechen.

Gesprächseinheiten miteinander verbinden – Der Therapeut sollte zu Beginn jeder Einheit die wichtigsten Punkte der vorhergegangenen Einheit zusammenfassen und sich erkundigen ob dem Patienten noch weitere Gedanken dazu gekommen sind.

Gemeinsames Verabreden der Themen für die Sitzung – dabei dem Patienten Wahlmöglichkeit und Verantwortung geben.

Informationen geben – “Es wird ungefähr eine halbe Stunde dauern. Bitte sagen Sie, wenn es Ihnen zu viel wird, dann können wir ein anderes Mal weitermachen.”

Beginn des Assessments – im Gesprächsstil, Verständnis überprüfen, reflektives zuhören und regelmäßiges Zusammenfassen

Am Ende eine Zusammenfassung erstellen - und dem Patienten eine Kopie aushändigen.

Sitzungen verbinden - “bei unserem nächsten Treffen würde ich gerne mit Ihnen sprechen über ….”

Rückmeldung einfordern - “wie fanden Sie die heutige Sitzung?”.

Gefühlscheck am Ende der Sitzung – „wie geht es Ihnen jetzt?“

(vgl. Gray, Robson 2004)

Nach oben

Literatur:

R. Gray, D. Robson (2004) Concordance Skills Manual, London Institut of Psychiatrie. Übersetzung: Michael Schulz, Bielefeld 2006

M. Schulz, J. Stickling-Borgmann, A. Spiekermann (2009) Professionelle Beziehungsgestaltung in der psychiatischen Pflege am Beispiel der Adhärenz-Therapie. In: Psych Pflege, Georg Thieme Verlag KG, Jg. 15, Seite 226 - 231

Bruce E. Wampold (2001) The great psychotherapy debate: models, methods, and findings. Mahwah, Lawrence Erlbaum Associates

Nach oben